Land 14/40 – USA

In meinen Teen-Jahren in den 90ern, war das reisemäßig Angesagteste ein Urlaub in den USA. Und so überraschte mich meine Mutter 1995 damit, dass auch wir dort hin fuhren. Eine Freundin im Gepäck bereisten wir FLORIDA mit allen Highlights: die natürlichen wie Everglades und die surrealen wie Disneyworld. Wir tranken XXL Coke mit 70% Eiswürfelanteil und aßen aus Plastikgeschirr. Und als wir heimkamen – tauschte man mit allen anderen, die auch gerade dort gewesen waren die gleichen Geschichten zu den selben Fotos aus. Ich glaube, unbewusst hat mich diese Reise sehr geprägt, vor allem in dem Sinn, dass ich definitiv nirgends hinfahre, wo es gerade „in“ ist. (es folgte Australien, Jordanien, Kreuzfahrten, Georgien…).



Kurz darauf, die USA waren noch immer „in“ – reiste ich mit einer Freundin und ihrer Schwester nach sunny CALIFORNIA, um meine 1. Sprachreise zu erleben. Wir wohnten zu 2t bei einer Mormonen-Familie, einem sehr netten älteren Ehepaar mit ca. 7-11 Kindern und 39-80 Enkerln. Vor dem Essen wurde gebetet, vor dem Radfahren auch. Am Sonntag gab es 1 Stunde Kirche für alle, danach eine weitere Stunde getrennt für Mädchen und Burschen und im Anschluss noch altersgerechte weitere 60 Minuten. Das war die Sundayschool und der Sonntag danach schon fast vorbei. Ich bin dankbar über diese Erfahrung – wobei die Jugend auch damals schon nicht alles so ernst nahm. Dafür war es ein Kapitalverbrechen, als ich für den Kaiserschmarren die Rosinen in Rum tränken wollte – laut dem Rezept, das meiner Oma mir mitgegeben hatte. Es wurde ein frommer Schmarrn :-).



Mit fromm war es aus im Jahr 2003: ich bewohnte für 5 Monate mit 2 Amis unseren Melrose Place in Brisbane, wo wir alle studierten. Was hatten wir für eine Zeit: Ich konnte danach ein Buch über Trinkspiele schreiben – wie oft hatte ich den könglichen Becher erwischt – eine Giftbrühe aus Bier, Rum, Wodka und was jeder aus seinem Glas oder seiner Dose dazuspendete. Wir schauten Simpson, aßen Quesedillas und schon bald war mir klar, warum so viele XXL sind in den USA. Fakt ist: wir hatten eine geniale Zeit, an deren Ende ich einen der beiden fragte „Hey, was ist eigentlich deine Lieblingsfarbe“. Es war eine sehr heitere aber extrem oberflächliche Freundschaft – und NIEMAND von den ca. 30 Amis, mit denen wir in den Semesterferien gereist sind, hatte 2000 für Bush gevotet.


Nach Ende des Auslandsjahres flog ich über NEW YORK heim, wo ich mit einer 2. Studienkollegin eine 3. besuchte, die dort bei einer Bank ein Praktikum machte. Wir reisten von +35° in Neuseeland ins -25° kalte N.Y., wo wir die 2.kälteste Woche seit ewig erwischt hatten. Schritt 1: alles übereinander anziehen, was wir besaßen, Schritt 2: Haube und Handschuhe kaufen. Der Vorteil: 0,0 Warteschlange beim Empire State Building, 2 Personen im 12-bed-dorm (ich und meine Freundin). Wir begannen warm zu frühstücken und freuten uns über die vorgewärmten Handtücher im Nobel-Fitnessstudio unserer Banker-Freundin, die uns 1x kostenlos mitnehmen konnte. Von dort aus gings weiter von einem skinned lattemithalfCaramelsprinkeldflavouredwhatsoever-Kaffee ins nächste, um uns danach in den Bars weiter aufzuwärmen – alles in einem Radius von ca. 1km. Wären wir weiter gegangen, wären wir wohl zu Eisskulpturen erstarrt. Wir erstarrten auch bei den Erzählungen der Marines, die wir kennenlernten, die von einem Leben erzählten, das dem unseren so fremd war.

Ja, fremd beschreibt für mich generell am besten mein Bild über die US-Kultur. So offen-freundlich vs. oberflächlich, so XXL vs. 7 Vitaminpräparate pro Tag. Meine europäische Menschenkenntnis ließ mich hier völlig im Stich und ich war froh, als ich wieder zu Hause war – mit keiner Absicht, sobald wieder zurückzukehren… wenn ich mal älter bin, wollte ich mir noch die Nationalparks ansehen… so in der Pension halt



ABER es kam anders – ich sah eine Wanderreise im Reisekatalog, 21 Tage zu einem Hammerpreis. Meine Mama war sofort zu begeistern, jeden Tag wandern, viel vom Land sehen…. UND ES FOLGTE EINER MEINER SCHÖNSTEN URLAUB ÜBERHAUPT, völlig unerwartet und voller Wow-Momente.

Ein Ehepaar, er Ami, sie aus Kitzbühel cruisten mit uns von Las Vegas beginnend quer durch die schönsten NATIONALPARKS IN ARIZONA UND UTAH. Ich reiste sehr überarbeitet an und mit jedem Autokilometer spürte ich, wie meine Seele ankam. Wir wurden in 2 Autos aufgeteilt – Mama und ich waren im kleineren zu 7t plus Fahrer/Guide – ein Schweizer, ein Freundinnenpärchen um die 45 und ein sehr sympathische weitgereistes Ehepaar – und wir hatten es super miteinander. Die langen Fahrten waren landschaftlich so schön, dass ich nicht aufhören konnte, die Weite, die Farben und teils sehr bizarren Steinformationen mit den Augen einzuatmen.

Es folgte ein Highlight auf das nächste – wie meist hatte ich mich nicht vorbereitet sondern wollte viele erstemale-Eindrücke erfahren. So war es beim gigantischen Grand Canyon, beim märchenhaften Bryce und beim farbenfrohen Zion Nationalpark. Besonders beeindruckt hatten mich die mir bis dahin unbekannten Petrified Forests – komplett versteinertes Holz in allen Farbnuancen. Ich fand mein neues Hobby und großen Gefallen am Canyon-Wandern, wo es zuerst bergab und dann müde wieder bergauf geht – für mich so viel motivierender als das mühsame steil-Berg-ab nach einer langen Bergtour, wo man sich dauerkonzentrieren muss um nicht abzurutschen. Müde bergauf: viiiiiiel besser!


Ich verliebte mich in das herzige Moab, wo wir 3 Nächte verbrachten und von wo aus die absoluten Highlights und der Grund für diese Reiseentscheidung folgten: ein Besuch des Antelope Canyons, dessen Slots seit 7 Jahren auf einem Leinwandbild meine Wohnung zieren, da ich Träume gerne visualisiere.

Wir hatten einen freien Tag, an dem Touren angeboten wurden – oder man sich selber unterhalten konnte. Und da das WLAN in den USA selbst in den entlegendsten Gebieten super funktionierte, hatte ich uns eine Fotografentour durch drei Teile des legendären Antelope Canyons gebucht – Voraussetzung dafür waren eine Spiegelreflexkamera und ein Stativ. Während die günstigen Touren die Leute durchmanövrierten (da durfte man nicht mal stehen bleiben), konnte man bei der extrem teuren Fotovariante für je 5min. an einem „guten Spot“ an einer gezogenen Linie sein Stativ platzieren und für den Zeitraum der Langzeit-Auslösung die Augen wandern lassen.


Wir wanderten an diesem Tag und jedem anderen durch endlose Weite, farbpaletten-bunte Skulpturen und Naturformationen, die so mächtig waren, dass wir wie Ameisen darin wirkten. Riesige geschwungene Arches und Bridges, Steingebilde, die Könige, Monumente und Tiere porträtierten – es war wie im Wunderland. Und der mit Abstand magischste Moment war meine 1. Sternenfotografie im Arches Nationalpark. Ein Teil von mir ist noch immer dort, so tief hat sich jedes Detail dieser Milchstraßen-Nacht nicht nur auf meiner Kameralinse sondern auch in meinem Herzen eingebrannt.

Ein Kulturschock ähnlich wie Kathmandu nach 14 Tagen Bergtrekking war das Nationalpark-Leben vs. die Rückkehr nach Las Vegas, das seit meinem 1. Wochenendausflug – und damit schließt sich der Kreis ins Jahr 1998 (wir wohnten sogar im gleichen Hotel, dem Excalibur ;-))- noch schriller, bunter und künstlicher geworden ist.



Ich halte mich für einen sehr offenen, wertfreien Menschen – aber mit dieser Ambivalenz zwischen künstlich und pur – bei Orten als auch Menschen – werde ich wohl immer meine Probleme haben. Und darum blicke ich mit größter Dankbarkeit auf meinen atemberaubend schönen, aber definitiv letzten Aufenthalt in den USA zurück. Danke für diesen amerikanischen Traum… Urlaub ;-).

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

code